HÖLLERER, Walter
    
      
    
      
    Der lag besonders mühelos am Rand
  
    
      
    Der lag besonders mühelos am Rand
  
Des Weges. Seine Wimpern hingen
Schwer und zufrieden in die Augenschatten.
Man hätte meinen können, dass er schliefe.
    
      
    Aber sein Rücken war (wir trugen ihn,
  
Den Schweren, etwas abseits, denn er störte sehr
Kolonnen, die sich drängten) dieser Rücken
War nur ein roter Lappen, weiter nichts.
    
      
    Und seine Hand (wir konnten dann den Witz
  
Nicht oft erzählen, beide haben wir
Ihn schnell vergessen) hatte, wie ein Schwert,
Den hartgefrorenen Pferdemist gefaßt,
    
      
    Den Apfel, gelb und starr,
  
Als wär es Erde oder auch ein Arm
Oder ein Kreuz, ein Gott: ich weiß nicht was.
Wir trugen ihn da weg und in den Schnee.
    
      
    
      
    So schlafen so wachen
  
    
      
    So schlafen, in der offnen Hand
  
Den Obolos für Stunden noch,
Für einen Tag, der unbekannt,
Fürs Fremdeste der Nacht.
    
      
    So wachen, dass im Pantheon
  
Die ich nie hörte, Worte sind.
Dass Schwalben kommen mitternachts,
Und dass wir lächelnd sehn: sie sinds.
    
      
    So fortgehen, dass der Elephant,
  
Der schwer Ägypten trug nach Rom,
Nicht aufbegehrt. Das Glöcklein uns
Nicht mehr beschwert.
    
      
    So bleiben, dass die Wagen nur
  
Den Kreis umstehen, ohne Fahrt,
So schlafen mit dem Obolos
Für seinen Tag in meiner Hand.
    
      
    
      
    O sieh den roten Mohn, erschrick
  
    
      
    Dass du es hast und doch nicht hast
  
Und dass du weitergehst und suchst:
Das kam, das ging, das war zu Gast
    
      
    Und kam woher? und endet wo?
  
Und ging wohin? und spricht nun weit
Vom Berg verdeckt die Worte so,
    
      
    Als wär’n sie alt. Und sind doch nie
  
Mehr voll gesagt —
Und wusste es die Priesterin, die
    
      
    Im Nebel stand, im Qualm der Nacht?
  
Und der in Ketten vor dem Tod?
Achill vielleicht in seiner Schlacht?
    
      
    Und du, in feuchten Klee gepresst,
  
Wenn neben dir die Garbe schrie,
Hieltst du es fest?
    
      
    Hieltst du ihm stand, den Frauen nah?
  
Und wenn es war in dem Gesicht
Des Sterbenden, als dies geschah
    
      
    Am letzten Tag des letzten Kriegs?
  
Und warst nur immer froh des Siegs,
Wenn es vorbei, vorüber war,
    
      
    Und änderte dich nie und nie
  
Und streifte hin und liess dich so
Wie vorher sein und liess dich wie
    
      
    Ein Tier am Weg mit stumpfem Blick?
  
Und schwankst und tölpelst schattenwärts:
O sieh den roten Mohn, erschrick,
    
      
    Dass du es hältst, dass du es hast
  
Und dass dus seist,
Und nicht als Fremder weiterreist —
    
      
    Du warst nur selten dir zu Gast.