HÜSCH, Hanns Dieter
    
      
    
      
    
      
    Der Frieden fängt beim Frühstück an
    
      
    
    
      
    Der Frieden fängt beim Frühstück an
  
  Breitet seine Flügel
Fliegt dan durch die Strasen
Setzt sich auf die Dächer dann
    Grosser Sehnsuchtvogel
    
      
    Breitet seine Flügel aus
    
      
    Dass Friede sei in jedem Haus
    
      
    Opa wiegt das Enkelkind
    
      
    Auf den alten Knien
    
      
    Zeigt dem Kind den Vogelflug
    
      
    Wie der Knecht den Herrn ertrug
    
      
    Und der Vogel fliegt sich Wund
    
      
    Von Bucht zu Bucht von Sund zu Sund
    
      
    Trägt sein Zeichen vor sich her
    
      
    Von Land zu Land von Meer zu Meer
    
      
    Dass der Mensch sein Leid erkennt
    
      
    Von Kontinent zu Kontinent
    
      
    Bis die Taube nicht mehr kann:
    
      
    Frieden fängt beim Frühstück an.
    
      
    
      
    
      
    Wenn die Krieger kommen
  
  
    
      
    Lock sie aufs Dach der Taube
  
  Lock sie ins Nest der Schwalbe
Lock sie in die Höhle der Löwin
Lock sie in den Wald der Rehe
    
      
    Geh ihnen entgegen
  
  Mit offenen Händen
Voll Brot und Salz
Obst und Wein
    
      
    Dass sie sich verlaufen
  
  Im Knüppelholz deiner Tugenden
Dass sie sich verirren
Im Labyrinth deiner Freundlichkeit
    
      
    Mach sie staunen
  
  Beschäme ihre Generäle und Präsidenten
Lass ihre Handlanger ins Leere laufen
Sei eine Tiefebene voll Höflichkeit
Dein Gewehr sei die Klugheit
Deine Kraft sei die Geduld
Deine Geschichte sei die Liebe
Dein Sieg sei dein Schweigen
    
      
    So dass sich die Landpfleger sehr verwundern
    
      
    
      
    
      
    Ich setz auf die Liebe!
  
  
    
      
    Ich setze auf die Liebe
  
  das ist das Thema
den Hass aus der Welt zu entfernen
bis wir bereit sind zu lernen
dass Macht, Gewalt, Rache und Sieg
nicht anderes bedeuten als ewiger Krieg
auf Erden und dann auf den Sternen.
    
      
    Ich setze auf die Liebe
  
  wenn Sturm mich in die Knie zwingt
und Angst in meinen Schläfen buchstabiert
ein dunkler Abend mir die Sinne trübt
ein Freund im anderen Lager singt
ein junger Mensch den Kopf verliert
ein alter Mensch den Abschied übt.
     
    
      
    Ich setze auf die Liebe
  
  das ist das Thema
den Hass aus der Welt zu vertreiben
ihn immer neu zu beschreiben.
     
    
      
    Die einen sagen es läge am Geld
  
  die anderen sagen es wäre die Welt
sie läg' in den falschen Händen
Jeder weiß besser woran es liegt
doch es hat noch niemand den Hass besiegt
ohne ihn selbst zu beenden.
    
      
    Es kann mir sagen was es will
  
  es kann mir singen wie er's meint
und mir erklären was er muss
und mir begründen wie er's braucht
    Ich setzte auf die Liebe! Schluss
    !
    
      
    
      
    
      
    Der Weg des Menschen
  
  
    
      
    Der Weg des Menschen ist lang und schwer,
  
  voller Höhen und Tiefen, immer wieder heut' und immer wieder mehr.
Wir suchen nach dem Glück, nach Liebe und Geborgenheit,
doch oft verlieren wir uns in der Dunkelheit.
    
      
    Wir stolpern und fallen, stehen wieder auf,
  
  kämpfen weiter, ohne Rast und ohne Rauf.
Doch manchmal, ganz unverhofft,
kommt das Glück zu uns, das uns oft verschafft.
    
      
    Es sind die kleinen Momente im Leben,
  
  die uns Freude schenken, die uns Kraft geben.
Wir müssen nur hinsehen, all die kleinen Dinge sehen,
    denn sie sind es, die uns wirklich glücklich machen.
    
      
    
      
    
      
    Bedenkt...
  
  
    
      
    Bedenkt, dass jetzt um diese Zeit,
  
  der Mond die Stadt erreicht.
Für eine kleine Ewigkeit sein Milchgesicht uns zeigt.
    
      
    Bedenkt, dass hinter ihm ein Himmel ist,
  
  dem man nicht definieren kann.
Vielleicht kommt jetzt um diese Zeit
ein Mensch dort oben an.
Und umgekehrt wird jetzt vielleicht
ein Träumer in die Welt gesetzt.
Und manche Mutter hat erfahren,
dass ihre Kinder nicht die besten waren.
    
      
    Bedenkt auch, dass ihr Wasser habt und Brot,
  
  dass Unglück auf der Straße droht,
für die, die weder Tisch noch Stühle haben
und mit der Not die Tugend auch begraben.
    
      
    Bedenkt, dass mancher sich betrinkt,
  
  weil ihm das Leben nicht gelingt,
dass mancher lacht, weil er nicht weinen kann.
Dem einen sieht man's an, dem andern nicht.
    
      
    Bedenkt, wie schnell man oft ein Urteil spricht.
  
  Und dass gefoltert wird, das sollt ihr auch bedenken.
Gewiss, ein heißes Eisen, ich wollte niemand kränken,
doch werden Bajonette jetzt gezählt und wenn eins fehlt,
es könnte einen Menschen retten,
der jetzt um diese Zeit in eurer Mitte sitzt,
von Gleichgesinnten noch geschützt.
    
      
    Wenn ihr dies alles wollt bedenken,
  
  dann will ich gern den Hut,
den ich nicht habe, schwenken.
Die Frage ist, die Frage ist,
sollen wir sie lieben, diese Welt?
Sollen wir sie lieben?
    Ich möchte sagen, wir wollen es üben.
    
      
    
      
    
      
    Psalm
  
  
    
      
    Ich bin vergnügt, erlöst, befreit. 
    
      
    Gott nahm in seine Hände meine Zeit.
    
      
    Mein Fühlen, Denken, Hören, Sagen, 
    
      
    mein Triumphieren und Verzagen,
    
      
    Das Elend und die Zärtlichkeit.
    
      
    
      
    Was macht, dass ich so fröhlich bin 
    
      
    in meinem kleinen Reich.
    
      
    Ich sing und tanze her und hin 
    
      
    vom Kindbett bis zur Leich.
    
      
    
      
    Was macht, dass ich so furchtlos bin 
    
      
    an vielen dunklen Tagen.
    
      
    Es kommt ein Geist in meinen Sinn, 
    
      
    will mich durchs Leben tragen.
    
      
    
      
    Was macht, dass ich so unbeschwert, 
    
      
    und mich kein Trübsal hält,
    
      
    weil mich mein Gott das Lachen lehrt, 
    
      
    wohl über alle Welt.
  
    
      
    
      
    Ich sing für die Verrückten
  
    
      
    Ich sing' für die Verrückten
    
      
    Die seitlich Umgeknickten
    
      
    Die eines Tag's nach vorne fallen
    
      
    Und unbemerkt von allen
    
      
    An ihrem Tisch in Küchen sitzen
    
      
    Und keiner Weltanschauung nützen
    
      
    Die tagelang durch Städte streifen
    
      
    Und die Geschichte nicht begreifen
    
      
    
      
    Die sich vom Kirchturm stürzen
    
      
    Die Welt noch mit Gelächter würzen
    
      
    Und für den Tod beizeiten
    
      
    Sich selbst die Glocken läuten
    
      
    Die an den Imbisstheken hängen
    
      
    Sich weder vor- noch rückwärtsdrängen
    
      
    Und still die Tagessuppe essen
    
      
    Dann alles wieder schnell vergessen
    
      
    
      
    Die mit den Zügen sich beeilen
    
      
    Um nirgendwo zu lang zu weilen
    
      
    Die jeden Abschied aus der Nähe kennen
    
      
    Weil sie das Leben Abschied nennen
    
      
    Die auf den Schiffen sich verdingen
    
      
    Und mit den Kindern Lieder singen
    
      
    Die suchen und die niemals finden
    
      
    Und nachts vom Erdboden verschwinden
  
    
      
    Die Wärter stehen schon bereit mit Jacken
    
      
    Um werkgerecht die Irrenden zu packen
    
      
    Die freundlich auf den Dächern springen –
    
      
    Für diese Leute will ich singen
    
      
    
      
    Die in den großen Wüsten sterben
    
      
    Den Schädel schon in tausend Scherben
    
      
    Der Sand verwischt bald alle Spuren
    
      
    Das Nichts läuft schon auf vollen Touren
    
      
    Die sich durchs rohe Dickicht schieben
    
      
    Vom Wahnsinn wund und krank gerieben
    
      
    Die durch den Urwald aller Seelen blicken
    
      
    Den ganzen Schwindel auf dem Rücken
    
      
    
      
    Ich sing' für die Verrückten
    
      
    Die seitlich Umgeknickten
    
      
    Die eines Tag's nach vorne fallen
    
      
    Und unbemerkt von allen
    
      
    Sich aus der Schöpfung schleichen
    
      
    Weil Trost und Kraft nicht reichen
    
      
    Und einfach die Geschichte überspringen –
    
      
    Für diese Leute will ich singen
  
    
      
    
      
    Utopie
  
    
      
    Ich seh ein Land mit neuen Bäumen.
  
Ich seh ein Haus mit grünem Strauch.
Und einen Fluss mit flinken Fischen.
Und einen Himmel aus Hortensien seh ich auch.
    
      
    Ich seh ein Licht von Unschuld weiß.
  
Und einen Berg, der unberührt.
Im Tal des Friedens geht ein junger Schäfer,
Der alle Tiere in die Freiheit führt.
    
      
    Ich hör ein Herz, das tapfer schlägt,
  
In einem Menschen, den es noch nicht gibt,
Doch dessen Ankunft mich schon jetzt bewegt.
Weil er erscheint und seine Feinde liebt.
    
      
    Das ist die Zeit, die ich nicht mehr erlebe,
  
Das ist die Welt, die nicht von unsrer Welt.
Sie ist von fein gesponnenen Gewebe,
Und Freunde, glaubt und seht: sie hält.
    
      
    Das ist das Land, nach dem ich mich so sehne,
  
Das mir durch Kopf und Körper schwimmt,
Mein Sterbenswort und meine Lebenskantilene,
Dass jeder jeden in die Arme nimmt.
    
      
    
      
    Abendlied 1
  
    
      
    Seht′s, der Abend ist gekommen
  
Ist am Himmel längst geschwommen
Legt sich aufs Gemüt
Bis der Mond verblüht
    
      
    Auch ich muss nach Hause gehen
  
Nach den kleinen Kindern sehen
Nach den kleinen Tieren
Dass sie niemals frieren
    
      
    Dass sie Brot und Suppe kriegen
  
Und die Kühe keine Fliegen
Lange Hälse für die Pferde
Äpfel auch für Mutter Erde
    
      
    Niederrhein ist müde jetzt
  
Hat für heut' genug geschwätzt
Bald wird alles schwarz und still
Bis morgen früh, wenn Gott es will
    
      
    
      
    Abendlied 2
  
    
      
    Schmetterling kommt nach Haus
  
Kleiner Bär kommt nach Haus
Känguruh kommt nach Haus
Die Lampen leuchten – der Tag ist aus
    
      
    Kabeljau schwimmt nach Haus
  
Elefant läuft nach Haus
Ameise rast nach Haus
Die Lampen leuchten – der Tag ist aus
    
      
    Fuchs und Gans kommen nach Haus
  
Katz und Maus kommen nach Haus
Mann und Frau kommen nach Haus
Die Lampen leuchten – der Tag ist aus
    
      
    Alles schläft und alles wacht
  
Alles weint und alles lacht
Alles schweigt und alles spricht
Alles weiß man leider nicht
Alles schreit und alles lauscht
Alles träumt und alles tauscht
Sich im Leben wieder aus
Es sitzt schon der Abend auf unserem Haus
    
      
    Schmetterling fliegt nach Haus
  
Wildes Pferd springt nach Haus
    
      
    
      
    Lied vom sogenannten Frieden
  
    
      
    Frieden hienieden
  
Soll immer von oben kommen
Kommt aber nicht von oben
Soviel wir auch den Meister loben
    
      
    Frieden hienieden
  
Soll stets um uns're Seelen kreisen
Kreist aber nicht um uns're Seelen
Sooft es uns die Herren auch empfehlen
    
      
    Und zwar dass wir
  
Vor uns'rer eignen Tür
Den berühmten Besen schwingen
Dann wird schon der Friede in uns dringen
    
      
    So zu uns leis
  
Wie jeder weiß
Wird dann der bekannte Engel durch die Stube fliegen
Und in uns den innren Schweinehund besiegen
    
      
    Ja, Frieden hienieden
  
Soll tief in uns'rem Innern wohnen
Wohnt aber nicht in uns'rem Innern
Sooft uns die Apostel auch erinnern
    
      
    Und zwar, dass wir
  
Weil der Mensch kein Tier
Erstmal in der kleinsten Zelle
Beispielsweise der Familienhölle
Uns die Hände reichen
Dann wird schon der Satan aus dem Schornstein schleichen
Und zu uns leis
Wie jeder weiß
Wird dann eine unsichtbare Orgel spielen
Und jeder wird den Frieden deutlich in der Magengrube fühlen