LENZ, Jakob


Ach du, um die die Blumen sich

Ach du, um die die Blumen sich

Verliebt aus ihren Knospen drängen,

Und mit der frohen Luft um dich

Entzückt auch ihren Weihrauch mengen,

Um die jetzt Flur und Garten lacht,

Weil sie dein Auge blühen macht.


Ach könnt ich jetzt ein Vogel sein

Und im verschwiegnen Busch es wagen

Dir meines Herzens hohe Pein,

Die ohne Beispiel ist, zu klagen.

Empfändest du die Möglichkeit

Von dieser Qualen Trunkenheit.


Vielleicht daß jener Busen sich

Zu einem milden Seufzer hübe,

Der mich bezahlte, daß ich dich

Noch sterbend über alles liebe.


An die Sonne


Seele der Welt, unermüdete Sonne!

Mutter der Liebe, der Freuden, des Weins!

Auch ohne dich erstarret die Erde

Und die Geschöpfe in Traurigkeit.

Und wie kann ich von deinem Einfluß

Hier allein beseelt und beseligt

Ach wie kann ich den Rücken dir wenden?


Wärme, Milde! Mein Vaterland

Mit deinem süßesten Strahl, nur laß mich

Ach ich flehe, hier dir näher,

Nah wie der Adler dir bleiben.



Lied zum teutschen Tanz

O Angst! tausendfach Leben!

O Mut, den Busen geschwellt,

Zu taumeln, zu wirbeln, zu schweben,

Als ging‘s so fort aus der Welt!


Kürzer die Brust

Atmet die Lust.

Alles verschwunden,

Was uns gebunden.

Frei wie der Wind,

Götter wir sind!



Pygmalion


An diesen Lippen, diesen Augen

Die Welt vergessend, hinzuhangen

Und aus den rosenroten Wangen

Des Lebens Überfluß zu saugen

An dieses Busens reiner Fülle

Die Schmerzen meiner Brust zu wiegen

Und auf des Schoßes Fried und Stille

Mit tränenmüdem Haupt zu liegen


Das war mein Wunsch – das ist mein Grämen –

Und soll mir doch kein Schicksal nehmen


Wo bist du jitzt?


Wo bist du jitzt, mein unvergeßlich Mädchen?

Wo singst du jitzt?

Wo lacht die Flur, wo triumphiert ein Städtchen,

Das dich besitzt?


Seit du entfernt, will keine Sonne scheinen,

Und es vereint,

Der Himmel sich, dir zärtlich nachzuweinen,

Mit deinem Freund.


All unsre Lust ist fort mit dir gegangen,

Still überall

Ist Stadt und Feld. Dir nach ist sie geflogen,

Die Nachtigall.


O komm zurück! Schon rufen Hirt und Herden

Dich bang herbei.

Komm bald zurück! Sonst wird es Winter werden

Im Monat Mai.


An das Herz


Kleines Ding, um uns zu quälen,

Hier in diese Brust gelegt!

Ach, wer’s vorsäh, was er trägt,

Würde wünschen, tätst ihm fehlen!


Deine Schläge, wie so selten

Mischt sich Lust in sie hinein!

Und wie augenblicks vergelten

Sie ihm jede Lust mit Pein!


Ach! und weder Lust noch Qualen

Sind ihm schrecklicher als das:

Kalt und fühllos! O ihr Strahlen,

Schmelzt es lieber mir zu Glas!


Lieben, hassen, fürchten, zittern,

Hoffen, zagen bis ins Mark

Kann das Leben zwar verbittern,

Aber ohne sie – wär’s Quark!