RAABE, Wilhelm
    
      
    
      
    
      
    Wenn über stiller Heide...
    
      
    
      
    Wenn über stiller Heide
  
des Mondes Sichel schwebt,
mag lösen sich vom Leide
     Herz, das in Leiden bebt.
    
      
    
      
    Tritt vor aus deiner Kammer
  
und trage deinen Schmerz,
trage des Weltlaufs Jammer
     der Ewigkeit ans Herz.
    
      
    
      
    Das Ewige ist stille,
  
laut die Vergänglichkeit;
schweigend geht Gottes Wille
     über den Erdenstreit.
    
      
    
      
    In deinen Schmerzen schweige,
  
tritt in die stille Nacht;
das Haupt in Demut neige,
     bald ist der Kampf vollbracht.
    
      
    
      
    Schweige in deinem Schmerze,
  
geh vor aus deinem Haus
und trag dein armes Herze
     an Gottes Herz hinaus.
    
      
    
      
    Weil' nicht im dunklen Walde,
  
zwischen den Tannen nicht;
über die freie Halde
     trag deinen Schmerz ins Licht.
    
      
    
      
    Wenn hinter dir versunken,
  
was Ohr und Auge bannt,
dann hält die Seele trunken
     das Firmament umspannt.
    
      
    
      
    Wie aus dem Nebelkleide
  
der Mond sich glänzend ringt,
so aus dem Erdenleide
     aufwärts das Herz sich schwingt.
    
      
    
      
    O Heide, stille Heide,
  
wie sehnet sich hinaus
zu dir das Herz im Leide,
gefangen Herz im Haus!