CAROSSA, Hans
    
      
    
      
    
      
    Unzugänglich schien der Gipfel
    
      
    
      
    Unzugänglich schien der Gipfel;
  
Nun begehn wir ihn so leicht.
Fern verdämmern erste Wege,
Neue Himmel sind erreicht.
    
      
    Urgebirg und offne Länder
  
Schweben weit, in Eins verspielt.
Städte, die wir nachts durchzogen,
Sind ein einfach-lichtes Bild.
    
      
    Helle Wolken streift herüber;
  
Uns umweht ihr Schattenlauf.
Große blaue Falter schlagen
    Sich wie Bücher vor uns auf.“
    
      
    
      
    
      
    Wo sind nun Rosen?
    
      
    
      
    Wo sind nun Rosen? Wo die Schwäne? 
    
      
    Der Teich, von Goldfischen durchflammt? 
    
      
    In sich zerstürzt ist die Fontäne, 
    
      
    Das Becken leer und schwarz verschlammt. 
    
      
    
      
    Aus kahlen Bäumen tropft es neblig; 
    
      
    Dort stehen Tische, grad gereiht. 
    
      
    Auf Gäste warten sie vergeblich; 
    
      
    Denn es ist nicht mehr Gäste-Zeit. 
    
      
    
      
    Auf offen Doms bemoosten Stufen 
    
      
    Verzehrt ein Bettler karges Mahl. 
    
      
    Vom Turme flattern wie gerufen 
    
      
    Die heiligen Tauben allzumal. 
    
      
    
      
    Sie schwirren ihm um Hut und Wangen. 
    
      
    Sie rauben ihm sein letztes Brot. 
    
      
    Er lächelt knabenhaft befangen, 
    
      
    Und freut sich plötzlich seiner Not.
    
      
    
      
    
      
    Der alte Brunnen
    
      
    
      
    Lösch aus dein Licht und schlaf! Das immer wache
  
Geplätscher nur vom alten Brunnen tönt,
Wer aber Gast war unter meinem Dache,
    Hat sich stets bald an diesen Ton gewöhnt.
    
      
    
      
    Zwar kann es einmal sein, wenn du schon mitten
  
Im Traume bist, dass Unruh geht ums Haus,
Der Kies am Brunnen knirscht von harten Tritten,
    Das helle Plätschern setzt auf einmal aus,
    
      
    
      
    Und du erwachst, - dann musst du nicht erschrecken!
  
Die Sterne stehn vollzählig überm Land,
Und nur ein Wandrer trat ans Marmorbecken,
    Der schöpft vom Brunnen mit der hohlen Hand.
    
      
    
      
    Und geht gleich weiter. Und es rauscht wie immer.
  
O freue dich, du bleibst nicht einsam hier,
Viel Wandrer gehen fern im Sternenschimme,
Und mancher noch ist auf dem Weg zu dir.
    
      
    
      
    Heimweg
  
    
      
    Dämmert mein Garten?
  
Rauscht schon der Fluß?
Noch glüht mein Leben
Von deinem Kuß,
    
      
    Noch trinkt mein Auge,
  
Von dir erhellt,
Nur dich, nur deinen Bann
Im Bann der Welt.
    
      
    Vom Himmel atmet
  
Des Mondes Traum,
Bleich webt eine Wolke,
Grün schmilzt ihr Saum.
    
      
    Das Wasser führt Schollen
  
Herab aus der Nacht,
Es trägt jede Scholle
Von Licht schwere Fracht.
    
      
    Eine Harfe von Drähten
  
Summt in der Allee,
Spuren von Rädern
Glänzen im Schnee,
    
      
    Glänzen und deuten
  
Heilig zu dir zurück -
Ich weiß, daß du noch wachst
Tief tief im Glück.
    
      
    Der Schirm deiner Lampe
  
Färbt dich wie Wein,
Du hauchst in das Eis
Deines Fensters hinein,
    
      
    Deine Augen träumen
  
Herüber zum Fluß,-
Du bist nur noch Leben
von meinem Kuß.
    
      
    
      
    Geheimnisse
  
    
      
    Alle Wunder
  
geschehen an Ufern.
Wir drängen alle
Zum freien Strand.
    
      
    Wir sind beladen
  
mit Stoff der Sonne.
Wir müssen schwinden,
so stark sind wir.
    
      
    Es gibt kein Ende,
  
nur glühendes Dienen.
Zerfallend senden
wir Strahlen aus.